© Falko Wiesner - 2024
Eine kleine Gedenkseite
Am 19. Oktober verstarb plötzlich unser Lutz. Ein Urgestein
unserer Gruppe ist für immer von uns gegangen.
Wir trauern um ihn und sind dankbar für die tolle Zeit
miteinander - auf der Bühne und "dahinter".
Ein guter Freund hat uns verlassen. Er wird noch lange in
unserer Erinnerung weiterleben und in Gedanken bei uns
sein.
Im Namen der ehemaligen noch verbliebenen Mitglieder der
Gruppe „Lumpazi vagabundus“
Falko und Kerstin Wiesner
Wir haben als alte Freunde eine lange Strecke seines
Lebensweges begleitet und möchten hier in Text, Bild und
Ton Erinnerungen wachrufen und teilen.
Unser Kennenlernen von Lutz
Wir waren noch auf der Suche nach musikalischen Mitstreitern bei der Gründung einer Folkgruppe.
Veit Heller, ehemaliger Geiger und Gründungsmitglied von „Lumpazi vagabundus“ kannte Lutz und
wußte wo er wohnt.
Ein gemeinsamer spontaner Besuch mit ihm in der Meuselwitzer 46, nur ein paar Häuser entfernt,
half uns dann weiter.
Lutz reparierte gerade eine Nähmaschine, als wir ihn fragten, ob er eventuell Lust hätte, in das
Projekt mit einzusteigen.
Er besah sich das Ganze und sagte zu, mitzumachen.
Seit der Zeit sahen wir uns regelmäßig, auch außerhalb der Musik.
Hier ein Bild aus dieser Zeit mit ihm, Veit Heller mit seiner Freundin Gesine, Kerstin und meinem
Freund Mario Fritzsche …
“Ich will Gesang, will Spiel und Tanz.”
Klaus Hoffmann
Kleine Fotogalerie
Hier eine kleine Auswahl von Fotos aus unserem Fundus und dem Anderer.
Aus einem „früheren“ Leben …
gefunden auf einem Gemälde namens „Die Weinprobe“.
Geschichte von Kerstin
zu seinem 50. Geburtstag
Aus Anlass eines nicht alltäglichen Jubiläums
eines nicht alltäglichen Menschens
Es waren einmal ...
... ein bärtiger Gitarrist mit seiner Frau, die lebten in einem alten, halb
verfallenen Mietshaus zu 23 Mark im Monat. Das Klosett erreichte man über
eine halbe Treppe und im winzigen Innenhof tummelten sich Tauben, Hühner
und ein Hahn. Die angrenzende Straße wurde von allen Anwohnern liebevoll
Meuwi genannt.
In dem Haus traf man sich zum Musizieren, doch es fehlte noch der wahre
Geselle, damit es so recht was werden könne. Da erinnerte sich der Geiger,
dass man nur ein paar Häuser weiter vielleicht fündig würde. Gesagt, getan!
Eines Samstags morgens machten sich Gitarrist und Geiger auf den Weg und
trafen auf einen gar lustigen Typen, der sich gerade anschickte, eine Nähma-
schine zu reparieren. Bei dessen Anblick fiel dem Gitarristen sofort auf, diesen
Menschen schon mehrfach auf seinem schwarzen Blitz gesehen zu haben. Und
als die beiden ihm ihr Angebot vortrugen, ließ er auf der Stelle alles stehen und
liegen, steckte sich eine Karo an und folgte ihnen. Dies war der Beginn einer...
na, ihr wißt schon! Bald wurde noch eine Sängerin gefunden und es folgte eine
harte Zeit der Proben bei Rotwein und Mittagskneipenbesuch in den kurzen
Pausen.
Der neue Musikant erwies sich schnell als Filou in der Instrumentenwelt –
Flöte, Gitarre, Mandoline, Hackbrett, Brummtopf – alles schienen ihm leicht
von der Hand zu gehen. Selbst in einem hohen Turme am Rande der Stadt
aufgewachsen, bewohnte er nun eine riesige Parterrewohnung und nicht selten
kam es vor, dass Vorübergehende staunend stehenblieben und sich verwunderten
ob der ungewöhnlichen Einrichtung. Sogar eine Badewanne konnte er sein Eigen
nennen. Viele Gäste füllten ständig das Haus, einigen war gar der Gastgeber
fremd („Der kennt sich hier aber gut aus!), so manch Heimatlosem diente es
als Herberge und auch als Fotolabor war es nützlich.
Der Musikant hatte eine Unmenge Freunde und im Städtchen gab es wohl
keinen, der nicht irgendwie mit ihm vertraut war. So kam es, dass die Gruppe
bald über die Grenzen des Landes bekannt wurde, selbst bis nach Königswalde
drang ihr Ruf, und sie tourte mit Wartburg, Saparozs und sogar mit eigenem
Fahrer landauf, landab. Viele schöne Frauen säumten des Musikanten Weg
und brachten ihm manch vergnügliche Kurzweil.
Der Musikant wurde nicht müde, immer neue Instrumente zu basteln und
auszuprobieren. Oftmals sann er darüber nach, wie es gelingen könne, auch
ohne mühsame Knochenarbeit von früh bis spät das Leben in vollen Zügen zu
genießen und machte sich dann auch prompt ans Werk: er fertigte Lochstickerei
aus feinstem Linnen, färbte Tuch in leuchtenden Farben, baute einen Webstuhl
und nähte edlen Kleiderbesatz. Zwar fanden sich reichlich Abnehmer für seine
Kunstwerke, da er sie aber meist verschenkte, vermochte er nicht, seinen Reich-
tum damit zu mehren.
Es war im Jahre 1991, als der Musikant beschloss, seine Heimat für immer
zu verlassen. Da war für die Gruppe guter Rat teuer und Ersatz nicht zu fin-
den. Doch bereits nach wenigen Jahren, in denen er vergeblich versucht hatte,
in der Fremde sein Glück zu finden, zog es ihn wieder nach Hause. Vieles
fand er verändert: alte Freunde waren in alle Winde verstreut, nur seine Musi-
kerfreunde hatten den Absprung aus der Stadt noch immer nicht geschafft.
Dafür hatte sich eine zauberhafte Flötistin zu ihnen gesellt.
Der Musikant fand eine Bleibe an einem Ort, welchen seinesgleichen zu frühe-
rer Zeit zu meiden suchte.
Und dann geschah, was keiner mehr , er selbst wohl wenigsten, zu hoffen ge-
wagt hatte: der schon etwas in die Jahre gekommene Musikant gelangte doch
noch zu bescheidenem Reichtum und erwarb eine gar stattliche Behausung.
Dort lebt er nun mit Frau und Kind und läßt sich`s wohlsein.
Es geht die Sage, dass die junge Frau in ihrer Kindheit ein Märchen tief
beeindruckte, in welchem eine Königstochter dem ersten besten Spielmann
versprochen wurde, worauf diese, anfangs todunlücklich, am Ende mit ihm doch
noch eine gute Partie machte. Dies soll die junge Frau dann verleitet haben,
eine solche Beziehung freiwillig einzugehen.
Nun, er ist wohl auch nicht zu verachten.
Er ist wohl der gastfreundlichste, hilfsbereiteste Immer-Gute-Laune-Mensch,
den man weit und breit finden kann. Seine Talente sind schier unerschöpflich:
von Kinder hüten bis Omis beglücken, dreistöckige Torten backen, Züge abfah-
ren lassen, Zähne ziehen, geniale Wortschöpfungen kreieren...
Lieber Lutz,
nicht nur Du bist älter geworden, auch unsere Freundschaft hat bereits die Sil-
berhochzeit überschritten. Wir wünschen uns noch mehr davon, Dir von gan-
zem Herzen das Allerbeste - lassen wir es Theodor Kramer sagen:
Vom Nicht-Beigeben
Was Immer auch die guten Freunde sagen,
ist auch das Leben leichter ertragen,
mit abgestumpftem Sinn als Einerlei:
in dem, was du verlangst, gib niemals bei.
`s ist wahr, die Welt liegt weh, sie ist im Argen,
und du mußt schuften, dreimal denken, kargen,
nicht mittun bei der großen Schweinerei:
in dem, was du verlangst, gib niemals bei.
Schmerzt Elend dich, laß dich dein Mitleid schmerzen,
reiß aus, was recht dich dünkte, auszumerzen;
und bricht dir früh dabei das Herz entzwei:
in dem, was du verlangst, gib niemals bei.
Herzlichst
Kromsdorf, den 16.Juni 2009